Opfingen gestern & heute

Opfingen gestern & heute

Beitrag für die Festschrift "1000 Jahre Opfingen"

VON HANS-PETER WIDMANN

   In vila que vocatur Ophinga, in dem Dorf, das Opfingen heißt. So die Worte in der 1006 ausgestellten und in zwei Abschriften erhaltenen Urkunde, in der König Heinrich II. dem Basler Domstift ein Gut in Opfingen überträgt. Selbstverständlich sagt diese erste schriftliche Überlieferung des Namens Opfingen nichts über das tatsächliche Alter des Dorfes aus, dessen Entstehung vielleicht in die alemannisch-fränkische Zeit zurückreicht, worauf die "-ingen"-Endung im Ortsnamen hindeutet.

   Wesentlich früher begann die Besiedlung in der Gemarkung. Bereits in der jüngeren Steinzeit befand sich eine größere Siedlung der Bandkeramischen Kultur auf der trockenen Lößhochfläche südwestlich und südlich von Opfingen. Auch Scherben der Rössener Kultur und der Glockenbecherkultur wurden gefunden, so dass von einer Besiedlung seit dem 6. Jahrtausend v. Chr. auszugehen ist.

   Den Ortsnamen Opfingen übernahm ein edelfreies Geschlecht, das erstmals um 1100 dokumentiert und als Ortsherrschaft anzusehen ist. Erster bekannter Vertreter war Crafth de Upphingen. Mitte des 12. Jahrhunderts sind die Herren von Opfingen als Ministeriale der Herzöge von Zähringen nachgewiesen: 1152 schenkte Kuno von Opfingen dem Kloster St. Peter ein Gut in Bickensohl. In der Urkunde wird er de domo ducis, also als zähringischer Ministeriale bezeichnet. Die letzten überlieferten Vertreter dieses Geschlechts waren Egenolf und sein im Jahr 1337 über Güter in Opfingen verfügender Sohn Nikolaus. Zu diesem Zeitpunkt scheinen sie jedoch längst ihre herrschaftliche Stellung an die Snewlin von Wiesneck eingebüßt zu haben, die die Vogtei als Lehen der Grafen von Freiburg, der Rechtsnachfolger der 1218 ausgestorbenen Herzöge von Zähringen, innehatten. Weitere Güter zu Opfingen, die sich 1317 in Händen der Freiburger Familien Küchlin und von Munzingen befanden, waren dagegen Lehen der Markgrafen von Hachberg.

   Nachdem sich 1368 die Stadt Freiburg von den Grafen losgekauft und sich freiwillig in die Obhut des Hauses Habsburg begeben hatte, kam Opfingen zur Herrschaft Badenweiler. Finanzielle Schwierigkeiten zwangen die Herren von Badenweiler, immer wieder Güter, darunter Opfingen, als Pfand zu setzen, unter anderem an den Erzherzog von Österreich oder den Grafen von Württemberg. 1444 fiel der Besitz durch eine Schenkung an die Markgrafen von Hachberg-Sausenberg, die, von kurzen Episoden der Verpfändung abgesehen, diesen bis 1806 innehatten.

   Die ersten Jahrhunderte der Neuzeit waren dabei durch zahlreiche Kriege und deren Auswirkungen, d.h. zerstörte, verbrannte und verwüstete Häuser und Höfe, Felder und Reben sowie einem parallel dazu verlaufenden Bevölkerungsrückgang, gekennzeichnet. Durch Einwanderungen aus der Schweiz und aus Thüringen erhöhte sich die Einwohnerzahl langsam wieder. Im 18. Jahrhundert werden die Opfinger als still, fleißig, fromm und einfach, fremd aller Schwelgerei beschrieben, unter denen es keine so genannten "Lumpen" oder "Prozesskrämer" gebe. Sie seien weder reich noch arm und gerade diese Gleichheit sei die Garantie für ihre Friedfertigkeit.

   Am 15. April 1806 wurde der Breisgau mit Freiburg und Opfingen feierlich an das Haus Baden übergeben. Von da an lag zwischen dem einst markgräflichen Opfingen und dem vorderösterreichischen Freiburg keine Landesgrenze mehr. Die badische Neuorganisation von 1807 bildete aus den niederen Vogteien der Herrschaft Badenweiler, zu denen Opfingen gehörte, ein Stabsamt Wolfenweiler, das jedoch sehr bald zu Gunsten eines Landamts Freiburg wieder aufgelöst wurde. 1816 wurde die Gemeinde als ein "ansehnliches großes Pfarrdorf" mit einer "schönen neuen auf einem hohen Berge liegenden Kirche", einem Pfarrhaus und einem "artigen" neuen Rat- und Schulhaus beschrieben. "Der Ort bauet viel, und guten Wein, schönen Flachs und vorzügliches Weißkraut" an, so das Zitat weiter. 1831 wurde eine neue Gemeindeordnung eingeführt, nach der erstmals die Wahl eines Bürgermeisters mit Gemeinderat und Bürgerausschuss erlaubt war. Missernten durch Unwetter oder Schädlinge sowie die fehlenden Gewerbe- und Industriebetriebe führten zu einer zunehmenden Verarmung der Bevölkerung, so dass 1832 100 Opfinger als bedürftig galten und viele den einzigen Ausweg in der Emigration sahen, vor allem nach Amerika. Die Einwohnerzahl sank dadurch von 1.302 im Jahr 1834 auf 1.020 1905.

   Das Ende des I. Weltkriegs 1918 war zugleich das Ende des Großherzogtums Baden. Opfingen gehörte nun zum Land Baden, im Speziellen zum Bezirksamt Freiburg und ab 1939 zum neu geschaffenen Landkreis Freiburg. Im II. Weltkrieg blieb Opfingen von Luftangriffen verschont, so dass nur geringfügige Kriegsschäden im Dorf zu verzeichnen waren. Die Bürger wurden zum Bau des Westwalls und zum Ausheben der Schützengräben herangezogen oder mussten zum Militär, wovon 44 als Soldaten den Tod fanden. Die überwiegend von der Landwirtschaft lebenden Bewohner waren aufgefordert, Vieh und Pferde abzuliefern. Um die Ernte sicherzustellen, kamen polnische und französische Kriegsgefangene, später auch russische Zwangsarbeiter in die Gemeinde. Im Herbst 1944 wurde auch in Opfingen ein Aufgebot des Volkssturms ausgehoben, das in Hartheim und zuletzt im Raum Sasbach/Leiselheim eingesetzt wurde. Am 22. April 1945 war der Krieg für die Gemeinde zu Ende. Gegen 15 Uhr trafen die ersten französischen Einheiten aus Richtung Tiengen kommend in Opfingen ein und übernahmen es kampflos.

   Der bundesweite Wirtschaftsaufschwung der 1950er-Jahre ließ in der Region neue Arbeitsplätze vor allem in der Bauwirtschaft, aber auch im übrigen Gewerbe und im Dienstleistungsbereich entstehen, während auf dem Land die Zahl der bäuerlichen Betriebe zurückging. Dies führte dazu, dass die Tuniberg-Gemeinde in erster Linie Wohnort, die Breisgau-Metropole aber zum Arbeitsort der Opfinger wurde.

   1967 begann die baden-württembergische Landesregierung damit, eine Reform der Kommunalverwaltung vorzubereiten, die u.a. den Zusammenschluss von einzelnen Gemeinden und die Errichtung von Verwaltungsgemeinschaften zum Inhalt hatte. Opfingen stand vor der Frage, mit der Nachbargemeinde Tiengen zusammenzugehen oder sich der Stadt Freiburg anzuschließen. Nach mehreren Sondierungsgesprächen und einer Bürgerversammlung, in der nochmals alle beteiligten Parteien ihre Auffassungen kundtun konnten, kam es am 5. September 1971 zur Abstimmung: 62,8% der Wahlberechtigten (80% der abgegebenen Stimmen) waren für die Eingemeindung nach Freiburg und gegen den vom Landrat erhofften Verbleib im Landkreis. Seit dem 1. Dezember 1971 ist Opfingen Stadtteil von Freiburg und wird durch einen aus 14 Mitgliedern bestehenden Ortschaftsrat, dem seit 1980 auch Frauen angehören, und einen Ortsvorsteher geleitet.

   Wie in jeder guten "Ehe", gibt und gab es auch in der Beziehung zwischen Opfingen und Freiburg Höhen und Tiefen. Einerseits wurden Verbesserungen in der Infrastruktur dankbar aufgenommen: Die Schule wurde durch einen Anbau erweitert und ist seither Grundschule für Opfingen und Mittelpunkts-Hauptschule für die vier Tuniberg-Gemeinden; der Kindergarten und das Feuerwehrgerätehaus blieben erhalten, die Friedhofskapelle wurde gebaut, die Kanalisation verlegt, die Straße durch den Mooswald fertig ausgebaut, die evangelische Kirche renoviert, der öffentliche Nahverkehr verbessert, Maßnahmen zur Ortsverschönerung durchgeführt sowie der Bau eines Kinder- und Jugendhauses mit Zuschüssen ermöglicht. Die Turnhalle und die Verlegung der Sportflächen mit Vereinsheim wurden 2006 vollendet. Andererseits kam es zu Beginn der 1990er-Jahre zu heftigen Auseinandersetzungen mit der Stadtverwaltung, die mit dem Gedanken spielte – entgegen der Vereinbarung im Eingemeindungsvertrag – eine Mülldeponie am Tuniberg zu errichten oder die bürgernahe Ortsverwaltung abzuschaffen. Beides konnte durch den Widerstand der Bevölkerung und der Ortschaftsräte verhindert werden. Summa summarum kann man sich daher den Worten eines ehemaligen Gemeinderates, der damals zunächst gegen die Eingemeindung gewesen war, anschließen und sagen: "Das war das Beste, das Opfingen passieren konnte."